"Waterland - Images from Amazonia" Buchproduktion zur Ausstellung von Roumen Koynov "Terras das Aquas"

(Johanna Di Blasi, Redakteurin der HAZ)

Stege, die ins trübe Nichts zu ragen scheinen, halb gesunkene Holzkähne, Bäume, die aus dem Meer wachsen.
Was ist das für eine Welt, was für ein seltsames Land? Der 1964 geborene bulgarische Fotograf Roumen Koynov
findet seine Motive im Amazonasgebiet, dort wo der wasserreiche Rio Negro auf den Rio Solimoes trifft.
Mit Feuchtigkeit übersatte, erstickende Tropenluft liegt über den kargen Szenen.

 

Stege, die ins trübe Nichts zu ragen scheinen, halb gesunkene Holzkähne, Bäume, die aus dem Meer wachsen. Was ist das für eine Welt, was für ein seltsames Land? Der 1964 geborene bulgarische Fotograf Roumen Koynov findet seine Motive im Amazonasgebiet, dort wo der wasserreiche Rio Negro auf den Rio Solimoes trifft. Mit Feuchtigkeit übersatte, erstickende Tropenluft liegt über den kargen Szenen. Bei aller Schwüle wirken sie wie festgefroren. Eine Auswahl von Koynovs höchst suggestiven Amazonasbildern ist in dem schönen Buch "Waterland" -- "Wasserland" (Verlag Janet 45) erschienen, herausgegeben von der hannoverschen Galerie Holbein4. Neben Landschaftsbildern enthält das Buch Menschenporträts und Alltagsszenen.

Koynovs Schwarzweißaufnahmen erinnern mit ihren differenzierten Grauabstufungen an alte Silbergelatinabzüge, der Effekt verdankt sich allerdings der Bearbeitung am Computer. Wasser, aber auch Gesichter erscheinen wie gemeißelt. Die Aufnahmen vermitteln eine nicht näher bestimmbare tropische Befindlichkeit jenseits exotistischer Verklärung. Ein einsames Kanu vor übermächtiger Landschaftskulisse erinnert an Werke des in Trinidad lebenden Malers Peter Doig. Etwas von der bleiernen Atmosphäre aus Büchern von Joseph Conrad lässt sich in den Aufnahmen ebenso wieder finden wie - vor allem in den Kinderbildern - eine Magie und Intensität, wie man sie von García Márquez kennt. "Es scheint, als würde die Zeit diesen Ort nicht berühren", sagt Koynov über seine Wahlheimat. Mit seinem Herkunftsland hat die spärlich besiedelte Gegend am Amazonas die Lage abseits globaler Aufmerksamkeitsströme gemeinsam.

Essays zu dem Buch steuern der viele Jahre in Bulgarien beheimatete Autor Roumen M. Evert, die hannoversche Kunsthistorikerin Annette Roggatz und die an der Staatlichen Universität von Rio de Janeiro tätige Kulturwissenschaftlerin Elitza L. Bachvarova bei. Sie blicken aus ganz unterschiedlichen Perspektiven auf Koynov. "Undeterminiert und frei von Darstellungsabsichten begegnet er den Menschen seiner neuen Heimat, egal ob Kind, Arbeiter oder den Mitgliedern eines Indianerstammes. Es ist die stille und unberührt beobachtende Freiheit dieses Respekts, der sich über die Porträtierten dem Betrachter öffnet", schreibt Annette Roggatz. Roumen M. Evert, von dem auf Deutsch "Die Immigrantin" und "Nur Stückwerk, lauter Scherben" erschienen sind, gibt Einblick in das Leben von Künstlern im Bulgarien der Wendezeit.

 

Johanna di Blasi, Redakteurin der HAZ